Operation: Pečnik-Wiese / Operacija: „Pečnikov travnik“
2. und 3. September 2022 Leppen / Bad Eisenkappel
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Die ‚Operation Pečnik-Wiese‘ macht die Transformationen im Boden, in der Atmosphäre, in Flora und Fauna und in der bergbäuerlichen Kulturlandschaft der Sonnseit’n, im Leppen-Graben bei Bad Eisenkappel sichtbar. Der Ort ist geprägt von unzähligen bäuerlichen Bewirtschafter-Generationen und deren Lebensgeschichten. In größeren Zusammenhängen gesehen, kann die ‚Pečnik-Wiese‘ auch als Paradigma bäuerlich-kultureller Arbeit und Existenz im politisch und kulturell lange umkämpften slowenisch-/deutschsprachigen Grenzgebiet Kärntens ‚gelesen‘ werden.
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Projekt: Graben/Landschaft/Lesen – kopati/Grapo/brati
Vortrag von Ulli Sturm anlässlich der Operation Pečnik Wiese
Landschaft lesen, sehen, begehen, hören was sie zu erzählen hat... ihrer Geschichte und ihren Geschichten nachspüren und ihre Einzigartigkeit erkennen...um nicht mehr und nicht weniger geht es heute! Nämlich um ein außergewöhnliches Narrativ, das alle Sinne anspricht, unser Wissen bereichert und in mehr als zwei Sprachen von den Menschen und der Natur, ihren wechselhaften Beziehungen und Spuren erzählt.Die Sprache der Kunst ist dabei eine, auf die sich ein Blick lohnt!
Herwig Turk und Markus Orsini-Rosenberg zeigen mit ihren temporären ortsspezifischen Kunstinterventionen auf der Pečnikwiese ihren ganz individuellen Zugang eine Landschaft künstlerischen zu bearbeiten und damit stehen sie in einer langen Tradition.
Der Faszination von Natur kann man sich nicht entziehen- am repräsentativen Großglocknermassiv ebenso wenig wie in der Abgeschiedenheit des Leppener Grabens – Grund genug, dass sich seit mehr als zwei Jahrtausenden Künstlerinnen und Künstler aller Genres damit beschäftigen. Dabei hat jede Epoche ihre eigene Spielart der Landschaftsreferenz hervorgebracht, die immer auch von historischen und gesellschaftlichen Faktoren mitbestimmt war.
Seit den 1960er Jahren kennt man den weitgefassten Begriff LANDART, der - aus der USA kommend - umschreibt, wie bildende Künstlerinnen und ihre männlichen Kollegen die reale Landschaft als kontextuales Feld für ihre künstlerische Praxis erobern. Mit unterschiedlichsten Interventionen – also Eingriffen - ist dabei auf der ganzen Welt KUNST entstanden, die gesellschaftliche, kulturelle, historische und auch zunehmend ökologische Aspekte thematisiert. Diese zielgerichteten künstlerischen Eingriffe spielen - heute mehr denn je - eine wichtige Rolle im Kontext von Kunst, dem Umgang mit der Welt und unserem Lebensraum. Einem ganz spezifischen Lebensraum, diesem Wiesenstück, dem Offensichtlichem und dem Verborgenen, der Botanik, den geologischen Verschiebungen und den soziopolitischen Brüchen schenken also Herwig Turk und Markus Orsini-Rosenberg ihre künstlerische Aufmerksamkeit und damit erfährt ein bisher unbeachtetes Stück Natur eine ganz neue Bedeutung. Es wird zu einem Fenster, das den Blick auf Zeit und Geschichte freigibt.
Herwig Turk arbeitet seit Langen multimedial im Spannungsfeld zwischen Kunst und Wissenschaft und setzt sich immer wieder mit Mustern und Stereotypen von Landschaft auseinander. Für seine mehrteilige Wiesen-Installation wählt er als Träger alte hölzerne Fensterrahmen, die den Blick leiten und ihm die Möglichkeit geben viele verschiedene Geschichten aufzugreifen und in Szene zu setzen. Heimischen Wiesenpflanzen und Baumsorten werden dabei ebenso zu Hauptdarstellern, wie Zaungeflechte und Drahtgitter für Abgrenzung und territoriale Kämpfe stehen. Familienporträts und historische Fakten zu Enteignung, Umsiedlung und Restitution finden sich übergangslos neben Fenstern als Hommage an die Literatur und Statements zum Klimawandel. Einmal mehr beweist Turk mit dieser poetischen Intervention sein Einfühlungsvermögen und seine Intention Landschaft -und allen was darin eingeschrieben ist - zu hinterfragen.
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Die Kunst ist heute eine Stimme von vielen, aber wie kaum eine andere Sparte der Kultur kann sie uns LEHREN zu SEHEN, WAHRZUNEHMEN und zu HINTERFRAGEN. Sie gibt lokalen Narrationen ebenso ein Gesicht, wie sie Schönheit und Grauen sinnlich erfahrbar machen kann. Und sie eröffnet uns als VISUELLE ERZÄHLUNG neue Perspektiven in diesem facettenreichen Forschungsprojekt rund um einen kleinen bedeutungsreichen Kosmos.